Trotz der seit einigen Wochen einsetzenden leichten Erholungsphase wird das Jahr 2022 als Horrorjahr in die Kapitalmarktgeschichte eingehen.
Auf allen Fronten sind die Kurse von Aktien, Anleihen und Edelmetallen seit Jahresbeginn eingebrochen. Die Verluste am Aktienmarkt waren im Sommer so hoch wie seit 40 Jahren nicht mehr. So hat der S&P 500 einen Verlust von aktuell immer noch 16% zu verbuchen, der DAX liegt mit 10% und die NASDAQ sogar mit 28,5% zurück und das obwohl in den vergangenen 4 Wochen eine deutliche Erholungsrally zu sehen war. Mindestens so schlecht erging es Anlegern mit Anleihen in ihren Portfolios. Hier mussten Anleger in 10 jährigen deutschen Bundesanleihen einen Abschlag von rd. 20% hinnehmen, noch schlimmer war es für US Staatsanleihen, da der USD Kurs von 1,14 gegenüber dem Euro seit Jahresbeginn bis zum Tiefstand Ende September bei 0,95 um rd. 15% stieg und somit die Rendite weiter schmälerte.
Ursache für diese Entwicklung sind der Ukrainekrieg, die steigende Inflation und die Zinserhöhungen der FED sowie die restriktive Covid Politik in China, die zu einem weitestgehenden Ausfall des Landes als Handelspartner führte. Dies gepaart mit teilweise schwachen Ausblicken der Unternehmen führte zu den entstandenen Kursverlusten.
Seit einigen Wochen, genauer gesagt seit Beginn des Monats Oktober, scheint sich das Bild jedoch langsam zu drehen. Die Zinserhöhungen der FED scheinen erste Wirkung zu zeigen und die Inflation fiel im Oktober mit 7,7% im Vergleich zum Vorjahr geringer aus als die mit 7,9% erwartete Rate. Sollte sich diese Tendenz fortsetzten, wäre im kommenden Jahr mit einer langsam nachlassenden Inflation und leichter Entspannung an dieser Front zu rechnen.
Die starken Zinserhöhungsschritte insbesondere der FED führen dazu, dass die Bewertungen von Unternehmen deutlich zurückgekommen und Alternativanlagen in Anleihen wieder attraktiver geworden sind. Gleichzeitig sind viel schlechte Nachrichten in den bereits veröffentlichten und noch kommenden Unternehmensnachrichten eingepreist. Wurden bis Mitte des Jahre unter den Erwartung liegende Quartalsergebnisse mit zum Teil drastischen Kursabschlägen bestraft, so kommt es nun deutlich mehr auf die Aussichten für das kommende Jahr an als auf die aktuelle Gewinnsituation. Die deutschen Autobauer BMW, VW und Mercedes haben derzeit KGV’s von deutlich unter 5 für 2023. So entsprechen beispielsweise nur etwas mehr als zwei Jahre des aktuellen Jahresüberschusses von BMW dem aktuellen Börsenwert des Unternehmens. Der S&P 500 Index hat derzeit ein KGV von 17 im Vergleich zum langjährigen Durchschnitt von 18,2, die NASDAQ aktuell ein KGV von 24 im Vergleich zum Mittel von 27,7. Man könnte die Liste beliebig fortsetzen. Wesentlich bleibt aber, dass die durchschnittlichen Zuwachsraten von Aktien und Indizes diese Anlageklasse wieder attraktiver erscheinen lassen. Nimmt man den S&P 500 als Maßstab, so ergibt sich langfristiges durchschnittliches Wachstum von 10% pro Jahr. Für Standardwerte aus der Eurozone liegt das prognostizierte Wachstum bei rd. 8% . Rechnet man nun noch Dividendenrenditen von 4-6% in der Eurozone in 2023 hinzu, erscheint ein Investment in Aktien, gepaart mit attraktiven Einstandskurse bei Qualitätstiteln zu Vermögenszuwächsen führen zu können.
Anleger könnten sich auch überlegen, Anleihen zumindest teilweise bei zu mischen. Bei Euro Staats- und Unternehmensanleihen im Laufzeitband bis 5 Jahre liegen die Kupons aktuell um 4%. Deutlich höher rentieren aufgrund der Zinssituation US Anleihen. Hier rentieren die 2 jährigen Staatsanleihen aktuell bei 4,4%,. Es sind jedoch immer mögliche Wechselkursschwankungen mit zu berücksichtigen. Trotz aktuell anziehender Goldpreise ist zu beachten, dass, gerade in einem steigenden Zinsumfeld, Gold als „Null-Kupon-Asset“ an Attraktivität verlieren kann.