Die wesentlichen Indizes sind in den letzten Tagen und Wochen stark gefallen, so hat der DAX seit Jahresbeginn rd. 16% verloren, der Dow Jones 11%, die NASDAQ 25% und der S&P 500 16%. Diese Bewegung hat sich seit Anfang Januar durch folgende drei Trends verstärkt. Zum einen ist dies die steigende US Inflation (aktuell 8,5% p.a.) mit der Angst einer möglichen Rezession, der Covid Lockdown in China und die damit zusammenhängenden Unterbrechungen der Lieferketten und schlussendlich der Krieg in der Ukraine, der mittlerweile Schockwellen bei der Energie- und Lebensmittelversorgung um den gesamten Erdball sendet.
Wäre eine dieser Krisen schon ausreichend, so verstärken sich alle drei derzeit. Für die Wirtschaft sind wahrscheinlich die ersten beiden jedoch am einschneidendsten. Die US Inflation war zuletzt bei 8,5% p.a. und die Arbeitslosenquote ist auf einem historischen Tiefstand (derzeit kommt 1 Arbeitssuchender auf 1,8 offene Stellen (!!), damit sollten die Arbeitskosten weiter steigen, was zu einem weiteren Anheizen der Inflation führen kann). Dies hat die FED zum Handeln gezwungen, um die US Ökonomie nicht überhitzen zu lassen und sie hat die Zinsen nun zum zweiten Mal angehoben (um 0,25% und 0,5%). Allerdings hat Powell auf der Pressekonferenz ausgeschlossen, dass eine höhere Zinserhöhung ( um 0,75%) nötig sei. Was zuerst vom Markt positiv aufgenommen wurde hat sich dann letzten Donnerstag deutlich ins Negative gedreht ( „die FED hat die Inflation nicht mehr im Griff und eine höhere Zinserhöhung leichtfertig aus der Hand gegeben“). Dies führte nach einem Plus von rd. 3,5% am Mittwoch zu einem Minus von fast 5% am Donnerstag bei der Nasdaq („ Die FED ist hinter der Kurve und bekommt die Inflation nicht mehr eingefangen außer mit drastischen Maßnahmen, die dann zu einer Rezession führen“).
Ebenso ist der Lockdown in China mittlerweile für die weltweiten Lieferketten ein echtes Problem. Es gibt zwar genügend Entladekapazitäten in Shanghai und anderswo, jedoch fehlt es aufgrund der strengen Vorgaben an ausreichenden Hafenarbeitern und Lastwagenfahrern. Und der Krieg in der Ukraine tut ein Übriges (neben dem menschlichen Leid), indem er Energiepreise nach oben schnellen lässt etc.
Dies zusammen mit teilweise nicht zufriedenstellenden Unternehmensergebnissen (z.B. Netflix, Amazon) hat zu den oben erwähnten Rückgängen der Märkte seit Jahresbeginn geführt, die noch deutlich höher ausfallen, nimmt man den Rückgang von den jeweiligen Höchstständen im Nov./Dez. Insgesamt haben wir somit also eine ungeheure Volatilität im Markt und z.B. heute eine Ausverkaufstimmung, die alle Sektoren und Unternehmen betrifft. Gestern wurden sogar Ölaktien, die in den letzten Wochen der stabile Fels in der Brandung waren, auf den Markt geworfen mit dem Hinweis, dass eine globale Rezession drohen könnte und man damit weniger Öl braucht.
Dies führt mich zu drei Schlussfolgerungen:
- Die Volatilität in den Märkten wird noch so lange anhalten, bis zumindest eines der drei Problem gelöst oder auch dem Weg der Besserung ist. Damit werden wir solche Tage wie gestern noch öfters sehen, wenn auch hoffentlich nicht mehr in dieser Intensität. Gleichzeitig wird es aber auch Tage mit starken Kursgewinnen geben, die dann aber ebenso schnell wieder abgegeben werden können. Meine Prognose ist, dass sich das bis nach der Sommerpause hinziehen könnte.
- Es wird ohne Unterschied auf die Qualität verkauft: Apple heute -3% (seit Jahresbeginn -8%) obwohl das Unternehmen eines der besten Quartale seiner Geschichte sowie ein Aktienrückkaufprogramm bekanntgegeben hat und mit einem KGV von 24 vergleichsweise günstig handelt (im Gegensatz zum Hoch von 35). Hintergrund dafür ist momentan vor allem der Lockdown in China, da dies sowohl die Produktion wie auch den Absatz beeinträchtigt. Ein weiteres Beispiel ist Disney: Die Gesellschaft betreibt nicht nur die bekannten Themenparks, sondern auch eine Filmproduktion, einen Fernsehsender (ESPN), sowie einen Streamingdienst (Disney+). Aufgrund der schlechten Zahlen von Netflix ist auch Disneys unter die Räder gekommen, allein in der letzten Woche -5% in den letzten drei Monaten -20%. Es wird aber übersehen, dass die Parks eine so hohe Auslastung wie vor Corona haben, jedoch die Eintrittspreise erhöht wurden. Am vergangenen Wochenende wurde ein neuer Disney Film in die Kinos gebracht, der als Blockbuster allein an diesem Wochenende USD 450 Mio. weltweit eingespielt hat! Dabei handelt Disney bei einem KGV von 21,3 (ggü. einem 5-jährigen Durchschnitts-KGV von 28). Dem Markt scheint dies momentan egal zu sein.
- Bei aller Frustration und auch teilweise Angst über die Intensität und teilweise Geschwindigkeit der Kursrückgänge sollte man nicht aus den Augen verlieren, dass diese Rücksetzer für qualitativ gute Aktien eine Einstiegsgelegenheit oder zumindest eine gute Nachkaufgelegenheit bieten kann. Denn nun erwirbt man zu einem deutlich günstigeren Preis den gleichen Anteil an einem Unternehmen! Irgendwann wird auch der Lockdown in China enden und die Verbraucher dort wollen neue iPhones, iPad’s etc. haben. Weiteres vorsichtiges Zukaufen führt zu einem günstigerer Gesamteinstand, der mittelfristig zu einer guten Entwicklung der Aktien führen sollte. Allerdings kommt es mehr denn je auf die sorgfältige Aktienauswahl an. Es sollte nur in Unternehmen investiert werden, die die Produkte herstellen oder Serviceleistungen anbieten, die man braucht, die Kapital an die Aktionäre über Dividenden und/oder Aktienrückkäufe zurückgeben, sowie zu einer vergleichsweise günstigen Bewertung zu kaufen sind. Dass dabei nicht immer alles optimal läuft ist leider so, z.B. hat Amazon eine schlechtes Quartalsergebnis abgeliefert und wurde dafür auch mit deutlichen Kursabschlägen bestraft.
Was bedeutet dies nun für ein aktuelles Portfolio das seit Jahresanfang deutliche Verluste gemacht hat: Weiter und vorsichtig in Unternehmen investieren, die den oben genannten Kriterien entsprechen. Befinden sich im Wesentlichen qualitativ hochwertige Werte im Portfolio, werden sie derzeit dennoch alle “über einen Kamm geschoren “ und erleiden somit auch deutlichen Kursverlusten. Das sollte uns aber unter keinen Umständen zu einem Verkauf der Positionen führen (es sein denn im Austausch für einen besseren Wert), sondern zu einem gezielten Abwarten mit einer Möglichkeit in aktuell schwierigen Phasen vorsichtig weitere Aktien dieser Unternehmen zu erwerben und damit den Einstandskurs zu reduzieren.
Und nicht vergessen: Jeder Hurricane endet mal